Sie ist Schneiderin mit Leib und Seele: Nach acht Jahren am Tonhüttenweg ist Inga Coso nun mit ihrem Atelier in die Helle Halle gezogen. Hier bietet „frollein Coco“ individuelle Mode und schöne Stoffe an.
Mit Elippse-Redakteurin Sabine Hense-Ferch sprach Inga Coso über ihre Leidenschaft für künstlerische Unikate, ihre Idee von einem Kreativennetzwerk in Lippstadt und die Philosophie ihrer Arbeit.
Hense-Ferch: „frollein Coco“, Ihr neues Ladenatelier in der Hellen Halle ist nicht einfach ein Stoffladen. Sie sehen es als einen Concept Store unter Beteiligung anderer Kreativer. Das klingt aufregend, vielversprechend. Was sollen wir uns denn genau darunter vorstellen?
Coso: Der neue Name “frollein Coco” steht für ein neues Konzept. Unter anderem vertreibe ich hier eine Auswahl edler, hochwertiger Stoffe aus Seide oder Schurwolle, mit denen die anspruchsvolle Kundin eigene Vorstellungen selbst verwirklichen kann. Der Gedanke ist, hierbei auf Nachhaltigkeit und Wertigkeit zu achten, Qualität statt Quantität.
Hense-Ferch: Also eigener Look statt Massenware?
Coso: Genau. Deshalb biete ich auch schöne Einzelstücke an, die ich nach eigenen Entwürfen oder Wunsch der Kundin fertige. Jedes der Teile ist einzigartig, ein Unikat. Komplettiert wird mein Sortiment durch selbst genähte, ausgefallene Accessoires und Dekoartikel. Der Laden ist bewusst im Loft Charakter gehalten, damit Verkauf und Kreativität ineinander übergehen können. Meine Idee ist es, auch anderen Künstlern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten in meinen Räumlichkeiten auszustellen, das könnten Goldschmiede sein, Fotografen, Maler oder Kunstschmiede. Ich wünsche mir, dass mein Concept Store mit der Zeit zum Treffpunkt vieler Kreativer wird, und sich interessante Kontakte daraus ergeben. Und die neuen Räume in der malerischen Hellen Halle in der historischen Altstadt mit ihrem besonderen Charme und den vielen kleinen Fachgeschäften und Kneipen in der Nachbarschaft bieten dafür ideale Voraussetzungen.
“ICH MÖCHTE
MENSCHEN ZUR
KREATIVITÄT VERFÜHREN”
Hense-Ferch: Das klingt nach einer Lebensphilosophie, die dahinter steckt?
Coso: Ja, ich möchte zum Umdenken anregen und vertrete die Philosophie, dass Kleidung etwas besonderes ist, etwas einzigartiges, das die Persönlichkeit des Menschen unterstreicht. Jeder Mensch hat seine Lieblingsstücke, oder? Ich möchte weg von dem Gedanken, dass Kleidung Massenware ist, hin zu mehr Wertigkeit und Einzigartigkeit. Meine Leidenschaft für schöne Stoffe, die Kombination guter Materialien und Farbzusammenstellungen und der Wunsch, individuelle, langlebige und wertvolle Kleidungsstücke anzufertigen, stehen im Vordergrund meines Denkens und meiner Arbeit.
Hense-Ferch: Welche Stoffe bevorzugen Sie denn?
Coso: Die Stoffe sind vielfältig: Schurwolle, Seide, Viskose, weich fallende Jerseystoffe aus den USA, Italien und Deutschland . Dazu kommen noch schöne bunte Stoffe aus dem Patchworkbereich für Kinder. In Kürze werde ich auch Bio-Baumwolle ins Sortiment nehmen. Mir ist vor allem die Herkunft meiner Stoffe wichtig. Wo es mir möglich ist, möchte ich zur Transparenz beitragen. Zu dieser Vielfalt passt es doch hervorragend, andere Künstler hinzuzuziehen. Das ist eine Bewusstseinsänderung, die auch viele andere Menschen vollziehen, das merke ich an der Nachfrage. Selbermachen hat sich von einem Trend zu einer Bewegung entwickelt. Wer selber etwas herstellt, kann sich nicht nur individuelle Mode und Wohnwünsche erfüllen, sondern bekommt auch einen persönlichen Bezug zu den Dingen. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen die Freude am Machen und die Entdeckung der eigenen Kreativität !
Hense-Ferch: Was sind das denn für Kreativ-Nähkurse, die Sie anbieten?
Coso: Mit dem Umzug in die Helle Halle habe ich das Angebot meiner Nähschule noch einmal deutlich erweitert: Der Zuschnitt und die Fertigung von Kleidung, das Nähen von Taschen und Accessoires kann man hier ebenso lernen wie z.B. Patchwork-Techniken oder das “Aufpimpen” und „upcycling“ der eigenen Garderobe. Durch einfache Veränderungen an den eigenen Klamotten, das Kürzen, Verlängern, Aufnähen von Taschen oder ähnliches können ganz tolle Sachen entstehen, echte Hingucker. Ich habe 28 Jahre Berufserfahrung als Schneiderin und ich vermittle gern mein Wissen, um Leuten zu zeigen, was alles möglich ist. Ich möchte Menschen zur Kreativität (ver)führen und sie anleiten, ihren eigenen Look zu entwickeln und sich perfekt anzuziehen – individuell nach ihrem Stil.
Wer sich heute an die Nähmaschine setzt, der will nicht zwangsläufig Geld sparen.
Immer häufiger geht es vor allem darum, eigene Ideen umzusetzen und einen eigenen Look zu kreieren. In Zukunft plane ich auch Häkel- und Strickkurse und Applikationskurse, wobei man sich die Vorlagen dazu von graphischen Motiven aus dem Internet holen kann. Das bietet so viele Möglichkeiten! Übrigens: Ich bin auch immer auf der Suche nach Studenten aus dem Designbereich, die bei mir ein Praktikum machen möchten.
Hense-Ferch: Wo holen Sie Ihre Anregungen?
Coso: Ich stöbere gern in Großstädten durch Altstadtviertel, in kleinen Läden der Alternativszene oder gehe über Designmärkte im Ruhrgebiet und lasse mich treiben. Inspiration gibt es überall. Ideen kommen mir an jedem Ort. Oder ich recherchiere im Internet, in Büchern, in Fachmagazinen. Ich bin immer auf den Spuren der Trends und schöpfe daraus etwas Neues.Mein Lieblingstrend ist zur Zeit übrigens ‚Upcycling‘, also aus gebrauchten Kleidungsstücken etwas Neues kreieren. Daraus entstehen die schönsten Modelle.
Hense-Ferch: Sie haben ja schon einiges an Referenzen vorzuweisen, ganze Kollektionen genäht und Showrooms ausgestattet. Können Sie uns davon erzählen?
Coso: Vor einigen Jahren habe ich für die junge Firma Kehrwear die komplette Erstkollektion erstellt und genäht . Das war eine tolle interessante Arbeit! Aber ich habe auch schon bei verschiedenen Ausstellungen mitgewirkt, wie beispielsweise als Lippstädter Künstler vor einigen Jahren Gelegenheit hatten, in Einzelhandelsgeschäften auszustellen – da war ich bei Pepe’s Coffeeshop. Ich habe im Rahmen der Messe des Lippstädter Frauennnetzwerkes ausgestellt, bei den offenen Ateliertagen und außerdem jahrelang mit der Lippstädter Firma Gstage zusammengearbeitet, die meine genähten Dekorationen in Schaufenstern und Geschäften in ganz Europa gezeigt hat, zum Beispiel auf dem Ku-Damm in Berlin, bei Harrods in London und in Paris.
Hense-Ferch: Eine letzte Frage: Wie entstand eigentlich der Name „frollein coco“?
Coso: Mein Laden ist auf der einen Seite bewusst verspielt – das passt zu dem frollein. Auf der anderen Seite chic und anders als die Masse – das könnte man wiederum mit dem Namen Coco verbinden. Coco hat viele Gesichter, Coco hat eine ganze Bewegung in Gang gebracht. Es wäre schön, wenn mir das auch gelingt.